Alt geworden der Andalusier, der allen Grund hat, aaaaastolz zu sein, Dichter, dessen hellsichtiges Wort wie Diamant, Überdrüssig, seine Hoffnungen bei Hof zu aaaaastrapazieren, Überdrüssig seiner würdevollen Armut, die ihn aaaaazwingt, Das Haus bei Tag nicht zu verlassen, nur im aaaaaAbenddämmer, wenn die Schatten, Großmütiger als die Menschen, Im üblichen fahlen Dunkel der Straßen Den abgeschabten Flanell seiner Kutsche und seines Kleides fadenscheinigen Taft bereits verhehlen; Überdrüssig, nach des Hochadels Gunstbezeigungen zu trachten, Sein Stolz, gedemütigt vom beharrlichen Bitten, Überdrüssig der so vielen auf der Jagd nach Reichtum Vertanen Jahre fern von Córdoba, der flachen, und ihrer stolzen Mauer, Kehrt er zurück zum heimatlichen Winkel, ruhig und schweigsam dort zu sterben.
Manche Leute verneigen Sich gern vor Leuten, die ernsten Gesichts Langdauernd schweigen. Manche Leute neigen Dazu, zu grollen, wenn andere schweigen. Schonet das Schweigen. Es sagt doch nichts.
Quelle: Ringelnatz, Joachim (1932): Gedichte dreier Jahre. Ernst Rowohlt Verlag, Berlin. S. 77.
Joachim Ringelnatz
(* 7. August 1883 in Wurzen als Hans Gustav Bötticher; † 17. November 1934 in Berlin)
Am grauen Strand, am grauen Meer Und seitab liegt die Stadt; Der Nebel drückt die Dächer schwer, Und durch die Stille braust das Meer Eintönig um die Stadt.
Es rauscht kein Wald, es schlägt im Mai Kein Vogel ohn Unterlass; Die Wandergans mit hartem Schrei Nur fliegt in Herbstesnacht vorbei, Am Strande weht das Gras.
Doch hängt mein ganzes Herz an dir, Du graue Stadt am Meer; Der Jugend Zauber für und für Ruht lächelnd doch auf dir, auf dir, Du graue Stadt am Meer.
‘s ist Osterzeit! Wenn Du’s nicht wissen solltest, So kündeten Dir’s Fink und Amsel an, Und wenn Du diese nicht vernehmen wolltest, So hätte es der Veilchenduft gethan, Der süß berauschend – als ein Frühlingsbote Aus einer lieblicheren Welt entschwebt – Mit holden Wohlgerüchen die noch tote Natur zum Auferstehungsfest belebt.
‘s ist Osterzeit! Wie Dich im Lenzgetriebe Die Blumen grüßen und der Vöglein Schlag, So grüßt Dich aus der Ferne heut’ in Liebe Ein treues Herz zum frohen Ostertag; Es wünscht dir ein beglückendes Versenken In die an Wundern reiche Frühlingszeit Und ein noch mehr gesegnetes Gedenken Der uns geoffenbarten Herrlichkeit.
‘s ist Osterzeit! Nun wirf sie ab, die Sorgen, Dem neuen Morgen hoffend zugewandt, Und fühle Dich in dessen Hand geborgen, Der die Erlösung für sein Volk erfand! Gewiß, wie er ein tausendfaches Leben In Wald und Flur jetzt wundermächtig schafft, Wird er auch Deinem Herzen wieder geben Der Osterhoffnung neue Lebenskraft.
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, Durch des Frühlings holden, belebenden Blick, Im Tale grünet Hoffnungs-Glück; Der alte Winter, in seiner Schwäche, Zog sich in rauhe Berge zurück. Von dort her sendet er, fliehend, nur Ohnmächtige Schauer körnigen Eises In Streifen über die grünende Flur; Aber die Sonne duldet kein Weißes, Überall regt sich Bildung und Streben, Alles will sie mit Farben beleben; Doch an Blumen fehlt’s im Revier, Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen Nach der Stadt zurück zu sehen. Aus dem hohlen finstern Tor Dring ein buntes Gewimmel hervor. Jeder sonnt sich heute so gern. Sie feiern die Auferstehung des Herrn, Denn sie sind selber auferstanden, Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern, Aus Handwerks- und Gewerbes Banden, Aus dem Druck von Giebeln und Dächern, Aus Straßen quetschender Enge, Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur sieh! wie behend sich die Menge Durch die Gärten und Felder zerschlägt, Wie der Fluss, in Breit’ und Länge, So manchen lustigen Nachen bewegt, Und, bis zum Sinken überladen Entfernt sich dieser letzte Kahn. Selbst von des Berges fernen Pfaden Blinken uns farbige Kleider an. Ich höre schon des Dorfs Getümmel, Hier ist des Volkes wahrer Himmel, Zufrieden jauchzet gross und klein: Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.
Johann Wolfgangvon Goethe
* 28. August 1749 in Frankfurt am Main; † 22. März 1832 in Weimar
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